Wir haben mit Verdipwnz darüber gesprochen wie sich Publisher und Spieler an den Streaming Trend anpassen und davon profitieren.
Vor ein paar Jahren war E-Sport sogar für viele Casual-Gamer noch zu nerdig. Mittlerweile ist es aus unserem Alltag und der Spieleindustrie nicht mehr wegzudenken. Was früher Zuhause als kleine LAN-Party begann, hat sich inzwischen zum weltweiten Onlinephänomen entwickelt. Der gemeinsame Spielspaß ist geblieben, die Zuschauerzahl gestiegen.
Damals ist man in unregelmäßigen Abständen ein Wochenende lang mit Snacks und Pizza bewaffnet in den Coop Krieg gegen Monster gezogen. Aber dank Twitch, Mixer, Youtube und Co kann man dieses Erlebnis heute jederzeit, überall erleben. Controller weitergeben? Das war gestern. Heute spielen alle gleichzeitig, gegen- und miteinander.
Streaming: Gaming mit Eventcharakter
Online und offline Turniere und Conventions haben nicht lang auf sich warten lassen. Ein aktuelles Beispiel dazu ist Ubisofts Taktik-Shooter Rainbow Six: Siege. Erstmals 2015 veröffentlicht, füttert der Publisher den Titel immer weiter mit neuen Operatern und Maps – damit bleibt das Spiel Abwechslungsreich für Spieler, Streamer, die Zuschauer Zuhause und auf den Events. Wir haben uns zu diesem Thema mit dem erfolgreichen R6:S Streamer und Caster Marius Lauer aka. verdipwnz unterhalten:
„Die Interaktion mit meinen Freunden und Fans ist das, was das Streamen für mich ausmacht. Durch Sie versuche ich mich in jedem Spielzug zu verbessern, ihnen etwas zu bieten und möglichst wenig Fehler zu machen. Aufgeben kommt dann, egal wie komplex das Spiel ist, auf keinen Fall in Frage.“
Professionalisierung im E-Sport
Die Entwicklung auf Spielerseite kann man gut am Beispiel von verdipwnz darstellen. Wie die meisten begann alles mit einer Leidenschaft fürs Zocken. Heute streamt er auf Twitch, bei Youtube und auf Mixer. Immer öfter tauscht er inzwischen jedoch Maus und Tastatur gegen das Mikrofon: Bei Wettbewerben fungiert er als Caster, also Kommentator oder Host. Seine Kommentare zum Spiel sind präzise und für Laien kaum zu verstehen. Da er selbst aus der Szene kommt und das Spiel sehr gut kennt, spricht er in entsprechender Fachsprache, ganz zur Freude der Zuschauer. Dieser Aspekt trägt unter anderem dank ihm dazu bei, dass E-Sport nicht nur als kleines Hobby, sondern auch ernstzunehmender Wettbewerb wahrgenommen wird.
Storytime? Gäähn. Wettkampf!
Sehen wir uns ein bisschen auf den großen Streaming-Plattformen um, so gibt es auf den bekanntesten und beliebtesten Kanälen oft den Fokus auf kompetitiven Spielspaß. Das scheint auf der einen Seite für den Spieler an sich, aber auch die Zuschauer spannender zu sein. Storylastige Spiele scheinen nach wie vor besser auf YouTube aufgehoben zu sein. Zumindest legen das die Zuschauerzahlen nahe.
Wirkt sich das Kanaldesign auf den Streaming Erfolg aus?
Wir haben verdipwnz natürlich auch nach seiner Meinung zu Kanalbranding und dessen Wichtigkeit befragt. In seiner Antwort vergleicht er Twitch Design mit Erfahrungen in verschiedenen Restaurants:
„Es ist super wichtig eine tolle Präsentation des Gerichts, bzw. des Streams zu haben – aber wenn hinter einer anregenden Optik kein großartiger Geschmack steckt, bringt auch die tolle Darstellung nichts.“
Bunt eingefärbter Kartoffelbrei ist und bleibt schnödes Püree. Aber ein superleckeres Festmahl bleibt genial, egal auf welchem Teller es serviert wird. Übersetzt für Streamer bedeutet das, dass es natürlich hauptsächlich um den Inhalt, das Entertainment im Stream geht – nicht um das Aussehen des Streamers oder Kanals. ABER: Um Aufmerksamkeit zu bekommen und im Gedächtnis zu bleiben hilft es, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das geht über Personal Branding und über einzigartiges Design. Siehe beispielsweise den Instagram Account von verdipwnz: instagram.com/verdipwnz
Gaming als Beruf
Die Wettbewerbe und Turniere finden in regelmäßigen Abständen statt und locken mit einem großen Preisgeld. Kein Wunder, dass sich mit jedem Jahr mehr junge Leute dafür interessieren, professioneller Spieler zu werden und so eine menge Geld zu verdienen. Die Streamer sind teilweise so bekannt wie Popstars und werden entsprechend gefeiert. Gagen für Auftritte, und Werbeplatzierungen inklusive. Das klingt für viele Jugendliche nach dem perfekten Job.
UX und VX
Aus diesem Grund wundert es auch wenig, dass es mittlerweile vor allem in Asien die Möglichkeit gibt, über eine Art Ausbildung professioneller Streamer zu werden. Da auch immer mehr Spiele existieren, die sich auf den kompetitiven Modus konzentrieren, wird für diese Gamingsparte weiter hohes Wachstum prognostiziert. Auch für Publisher scheint das Thema immer größere Wichtigkeit zu bekommen. Verdipwnz hat uns im Interview erzählt, dass er das ähnlich sieht. Neben der User Experience (UX) ist für Streaming optimierte Spiele auch die VX (Viewer Experience) entscheidend. Mit Viewer Experience ist gemeint, dass das Game auch für die Zuschauer interessant ist. Beim Streaming ist es wichtig, dass beide Parteien Spaß haben – das auf dem Bildschirm übertragene Game muss beim bloßen Zusehen eine gewisse Anziehung mit sich bringen. Das entscheidet im Umkehrschluss dann auch oft darüber, ob ein Game von eben diesen Zuschauern nachgekauft wird um es selbst zu spielen oder sogar zu streamen.
Streambarkeit als Verkaufsargument
Die rasche Verbreitung von E-Sport und Streaming bedeutet für die Gamingindustrie einen zusätzlichen Schritt nach vorn. Außerdem kurbelt es wie beschrieben den Verkauf der Produkte an. Das könnte auch einer der Gründe sein, weshalb viele Publisher auf die Streambarkeit ihrer zukünftigen Titel Wert legen und schon in der Entwicklungsphase überlegen, ob und wie sich streamingoptimierte Komponenten einbauen lassen. Ein Beispiel dafür ist die Länge von Matches:
„Kurze Geschwindigkeiten in den Runden – mehr als 15 min kann sich eh kaum einer in der heutigen Zeit auf etwas konzentrieren“ – verdipwnz
Multi- VS Singleplayer
„E-Sport muss ja nicht mal sein – aber das Multiplayer-Erlebnis ist etwas was ich nie durch eine andauernde Story ersetzen kann.“ – verdipwnz
Dieser Fokus auf Multiplayer-Spiele ist seit Jahren in der Gamingindustrie beobachtbar. Viele Spiele, die zunächst als ein Singleplayer veröffentlicht wurden, bekamen nach einigen Monaten einen DLC verpasst, der einen Mehrspieler-Online-Modus ermöglicht. Eins der prominentesten Beispiele dafür ist GTA V. Die Geschichte rund um die drei unterschiedlichen Männer begeistert in seinem Online-Modus nach Jahren immer noch tausende Spieler. Der Rollenspielaspekt, gepaart mit der Möglichkeit, sich in der riesigen Welt frei mit oder gegen andere Gruppen zu bewegen, fesselt die Fans des Genres an den Bildschirm.
Doch auch andere Spiele profitieren von der Möglichkeit, mit Freunden zu zocken, die über die gesamte Welt verstreut sind. Besonders beliebt sind dabei Shooter wie Call of Duty, aber auch kostenfreie MMO’s eignen sich dafür besonders gut. Trotz ihres oftmals fragwürdigen Pay-2-Win-Systems werden sie nach wie vor zahlreich gespielt.
Publisher bringen immer neue Inhalte
Einen sehr großen Anteil an regelmäßigen Streams, ob privat oder über ein Turnier, sind aber auch eher strategielastige Games wie Dota 2 und League of Legends. Die Spiele sind schnell verstanden, erfordern ein bisschen Köpfchen und werden seit Jahren mit neuen Inhalten versorgt, der die Leute dauerhaft fesselt. Neue Skins oder komplett neue Charaktere, saisonale Events und Ingame-Items warten darauf, von den Spielern entdeckt zu werden.
Weiterentwicklungen von Streaming und E-Sport
Vorlesen der Kommentare, Spenden oder Ähnlichem ist nur der Anfang: Einige Spiele erlauben es heute schon, die Zuschauer mithilfe von Kommentaren direkt in das Geschehen eingreifen zu lassen. Das beleuchtet noch eine weitere Zielgruppe, die sich erst jetzt so langsam bildet: Es gibt den Streamer, der das Spiel gerade zockt, die Zuschauer, die einfach nur zusehen möchten und Menschen, die direkt das Spielgeschehen mitbestimmen und mit nur wenig Aufwand selbst ein Teil des Games sein können. Viewer wollen Interaktion, dabei sein und sagen können: „Ich hab dabei mitgewirkt!“
Auch das Belohnen der Zuschauer könnte laut verdipwnz in Zukunft noch wichtig auf den verschiedenen Plattformen werden. Dabei sollte allerdings erwähnt werden, dass sich das alles nicht pauschalisieren lässt. Es wird auch weiterhin Spiele geben, die nicht auf E-Sport ausgelegt sind – da die Games aber immer besser und schöner werden, sind die großen Blockbuster im Singleplayermodus natürlich such immer mehr fürs Streaming geeignet. Durch die hohe Qualität der Grafik ist es fast, als würden die Zuschauer einen Film sehen. Das zeigt auch, dass damit inzwischen teilweise doppelt so viel Geld verdient wird, wie mit Hollywoodfilmen.